Eine Praxis, um das Jahr gut ausklingen zu lassen
In den alten Schriften des Yoga wird der Atem als ein präzises Instrument beschrieben, das unmittelbar Einfluss auf den Zustand des Geistes nimmt: sobald die Atmung gleichmäßiger, ruhiger und bewusster wird, folgt der Geist dieser Bewegung, und das, was vorher unruhig, zerstreut oder angespannt war, findet eine neue Form von Sammlung.
Was Jahrhunderte lang als innere Erfahrung überliefert wurde, kann die moderne Neurowissenschaft inzwischen detailliert bestätigen: Die Atmung wirkt direkt auf die Amygdala, reguliert Herzfrequenzvariabilität, beeinflusst die elektrische Aktivität des Gehirns und steuert den Vagusnerv, also jenen Teil unseres autonomen Nervensystems, der für Erholung, Regeneration und emotionale Stabilität zuständig ist.
Ich liebe solche AHA-Momente
Vielleicht hilft es, sich bewusst zu machen, welche Dimension der Atem in unserem Alltag hat; wir atmen – ohne dass wir es bemerken – rund eine halbe Milliarde Mal im Leben. Pro Tag sind das ungefähr 21.600 Atemzüge, etwa fünfzehn pro Minute. Und mit jedem dieser Atemzüge bewegt der Körper im Laufe von 24 Stunden ungefähr 11.000 Liter Luft, nimmt Sauerstoff auf und gibt Kohlendioxid wieder ab – ein kontinuierlicher Austausch, der uns nährt, wärmt, schützt und am Leben hält, während wir sprechen, denken, schlafen, arbeiten, fühlen und entscheiden. Weil dieser Ablauf so zuverlässig und selbstständig funktioniert, nehmen wir ihn selten als etwas wahr, das Aufmerksamkeit verdient. Doch genau diese Selbstverständlichkeit ist es, die uns manchmal blind macht für die feinen Veränderungen, die entstehen, wenn wir unter Druck geraten.
Zwischen Ein- und Ausatmen ist ein Raum
Denn obwohl der Atem unwillkürlich geschieht, ist seine Qualität keineswegs stabil; sie reagiert empfindlich auf jede Form von Stress oder Anspannung. Stell dir vor, du beginnst einen Tag in guter Stimmung, fühlst dich wach und zuversichtlich, streckst dich vielleicht im Bett und atmest ein paar tiefe Atemzüge, bevor du aufstehst. Dann erreichst du eine Nachricht oder eine Nachrichtenseite, deren Inhalt dich irritiert oder verunsichert, und innerhalb eines Moments verändert sich dein Atem, wird kürzer, schneller, flacher. In diesem Moment beginnen Hormone wie Adrenalin und Noradrenalin durch den Körper zu fließen, Emotionen verstärken sich, der Puls steigt, und die Gehirnwellen wechseln in ein höheres Beta-Spektrum, das eng mit innerer Alarmbereitschaft verbunden ist. Atem und Emotion wirken aufeinander wie zwei Spiegel, die sich wechselseitig verstärken, bis ein Zustand entsteht, in dem sich Körper und Geist aus ihrem natürlichen Gleichklang lösen.
Gerade deshalb ist bewusste Atmung eine so einfache und gleichzeitig kraftvolle Möglichkeit, zurück in die eigene Mitte zu finden. Eine zeitgemäße und sehr klar strukturierte Methode, die diesen Weg zugänglich macht, in dem sie das Wissen aus yogischer Atemführung in eine kurze, alltagstaugliche Praxis packt, ist die Zwölf-Minuten-Methode (Christoph Glaser). Damit du diese Wirkung selbst erfahren kannst, findest du im Folgenden „meine“ Version der Methode, die drei Schritte umfasst und sich wie eine kleine Reise durch Nervensystem, Energie und innere Wahrnehmung anfühlt.
Die Zwölf-Minuten-Methode – eine ruhige, zusammenhängende Anleitung
Die Praxis beginnt mit einer Phase der Beruhigung, führt dann in eine kraftvolle, aktivierende Atmung und endet in einem meditativen Körper-Bewusstseinsprozess, der den Geist sammelt und die vorherige Atemarbeit integriert. Alles fließt ineinander, ohne Hast und ohne abrupte Übergänge.
Schritt 1: Entspannen und den inneren Rhythmus finden
Setze dich aufrecht auf die vordere Kante eines Stuhls oder auf ein Kissen; der Rücken bleibt frei, damit der Atem sich ungehindert ausbreiten kann. Der Atem fließt ausschließlich durch die Nase. Beginne nun mit der Ujjayi-Atmung, indem du die Kehlmuskulatur minimal aktivierst, sodass beim Ein- und Ausströmen ein sanftes, fast fernes Rauschen entsteht, das an das Geräusch von ruhigen Meereswellen erinnert. Diese feine Verengung der Stimmritze verlangsamt den Atem, vertieft ihn und spricht den Vagusnerv an, der unmittelbar Entspannung und innere Weite fördert.
Sobald der Atem in diesem Klang angekommen ist, führst du ihn in die Drei-Stufen-Atmung, die einen festen Rhythmus hat: vier Takte einatmen, vier Takte die Luft sanft halten, sechs Takte ausatmen, zwei Takte Pause – und das durchgehend über die Nase. Dieser Rhythmus begleitet dich durch drei Bereiche deiner Lunge.
Lege zunächst die Hände auf den unteren Bauch, die Daumen leicht nach hinten und die Zeigefinger Richtung Bauchnabel. In diesem Raum, der oft mit Sicherheit und Ruhe verbunden ist, atmest du acht ruhige Atemzüge. Dann senkst du die Hände auf die Oberschenkel und lässt den Körper einen Moment nachspüren. Anschließend wandern die Hände etwas höher, sodass die Daumen unter den Achseln liegen und die Zeigefinger Richtung Brustbein zeigen. Hier, im mittleren Lungenbereich, der viel mit Weite und Stabilität zu tun hat, folgt dieselbe Abfolge von acht Atemzügen im gleichen Rhythmus.
Für die letzte Stufe hebst du die Arme über den Kopf und legst die Hände auf die Schulterblätter, während die Ellbogen nach oben oder leicht nach vorne zeigen. In diesem oberen Raum, in dem sich bei vielen Menschen emotionale Anspannung festsetzt, atmest du sechs Atemzüge lang tief und ruhig. Danach löst du die Haltung, atmest frei weiter und gibst dem Körper Zeit, die Wirkung zu spüren.
Schritt 2: Neue Energie wecken
Für den aktivierenden Teil bleibst du aufrecht sitzen, die Arme angewinkelt, die Fäuste auf Schulterhöhe. Die Augen bleiben geschlossen, damit deine Aufmerksamkeit im Inneren verweilt.
Nun beginnt der Blasebalg-Atem, im Yoga Bhastrika genannt. Du atmest kräftig durch die Nase ein und streckst dabei die Arme nach oben, während die Finger sich öffnen; beim Ausatmen bringst du die Fäuste wieder vor die Schultern, klar und dynamisch, als würdest du einem inneren Impuls von Lebendigkeit folgen. Diese Bewegung wiederholst du in drei Runden von jeweils fünfzehn Atemzügen, zwischen denen du kurze Pausen einlegst.

Die Wirkung entsteht aus dem Zusammenspiel von kräftiger Atmung, rhythmischer Bewegung und innerer Sammlung: Das sympathische Nervensystem wird aktiviert, der Körper wird wacher, klarer, lebendiger, während gleichzeitig ein sanfter parasympathischer Halt bestehen bleibt, der verhindert, dass die Energie kippt oder überdreht. So entsteht ein Zustand, der man oft als wache Gelassenheit beschreiben könnte.
Schritt 3: Den Geist in die Gegenwart führen
Der letzte Schritt führt dich in eine ruhige, weiche Aufmerksamkeit, die den Körper als Ganzes wahrnimmt. Du kannst sitzen bleiben oder dich hinlegen. Der Atem fließt frei.
Nun lässt du die Aufmerksamkeit langsam durch den Körper wandern, beginnend bei den Zehen, über die Füße, die Beine, das Becken, den Bauch und den Brustkorb. Du gehst weiter zu den Händen, Armen und Schultern, dann zum Nacken und schließlich zum Gesicht, zur Stirn und zum Scheitel. Dieser Body Scan ist keine Aufgabe, die erfüllt werden muss, sondern eine Einladung, zu spüren, was gerade da ist, ohne es zu bewerten oder verändern zu wollen. Während die Aufmerksamkeit den Körper durchstreift, beginnt sich der Geist zu beruhigen; der innere Lärm wird leiser, die Wahrnehmung klarer, und das gesamte System findet zurück in eine Art inneren Gleichklang.
ZUM GLÜCK Coaching in Karlsruhe
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Einladung – gemeinsam das Jahr gut ausklingen lassen
Wenn du diese Methode gerne gemeinsam mit mir erleben möchtest, lade ich dich herzlich ein zu meinem Workshop „Das Jahr gut abschließen“ (Sa., 29.11.2025). Die Zwölf-Minuten-Atmung ist dort unser Einstieg – eine kleine, aber kraftvolle Praxis, bevor wir mit sechs ausgewählten Impulsen aus dem ZUM GLÜCK Coaching arbeiten: Prioritäten im Job, Beziehungsgestaltung & Arbeitsteilung, Abschied und Trauer, Selbstvergebung, Selbstreflexion sowie den 36 „wichtigsten Fragen des Jahres“. Diese Impulse eröffnen dir einen ehrlichen Blick auf dein Jahr und unterstützen dich dabei, Muster zu verstehen, Entscheidungen zu klären und emotionale Knoten zu lösen. Gemeinsam schaffen wir einen Raum, in dem du zur Ruhe kommst, dich sortierst und dein Jahr bewusst beschließt. Ich freue mich sehr darauf, diesen Übergang gemeinsam mit dir zu gestalten.
P.S.: Die 12-Minuten-Methode eignet sich besonders gut als 21-Tage-Routine – weil das Gehirn ungefähr drei Wochen benötigt, um neue neuronale Muster zu stabilisieren und alte Atemgewohnheiten durch stabilere, ruhigere zu ersetzen, d.h. du bist rechtzeitig dran, um daraus deine Praxis zu entwickeln, um das Jahr gut ausklingen zu lassen.
