Yoga begleitet mich täglich. Es ist mein Beat, nach dem ich durchs Leben tanze. Doch es gibt Tage, da frage ich mich, ob ich als Gründerin von be yogi nicht ein besseres Beispiel, ein besserer Yogi sein sollte. Grundsätzlich bin ich jeden Tag mindestens einmal bei be yogi und übe Yoga, allerdings sind meine Asanas nicht optimal ausgerichtet, meine Meditationspraxis ist je nachdem alles andere als tief und gelegentlich atme ich beim Pranayama einfach normal weiter. Die Yamas und Niyamas, die ethischen Prinzipien des Yoga, fühlen sich wie hohe Berge an, die ich nur schwer erklimmen kann. Es gibt diese Momente, da frage ich mich ernsthaft:
Müsste ich nicht viel weiter sein?
Als es be yogi noch nicht gab und ich fleißig in unterschiedlichen Studios auch außerhalb von Karlsruhe Yoga geübt habe, bin ich einmal aus einer Stunde geschwebt (zusammen mit Laura) bis eine Teilnehmerin plötzlich zu Ihrer Begleitung sagt: „Ich bin sogar zu dumm für Yoga.“ Auf einen Schlag ist mein gesamter Yoga Glow abgesplittert und auch deren Yoga-Freundin war sprachlos. Ich weiß bis heute nicht, warum sich diese Frau in diesem Moment so beurteilt hat. Mir war während Stunde nur aufgefallen, dass sie sich geärgert hat, weil sie mehrfach aus der Balance gefallen war. Wobei die Yogalehrerin aber sehr erfahren und auch mit Alternativen und ruhig reagiert hatte.
Yoga für alle – jeder kann Yoga.
Als es soweit war, dass ich be yogi gründen durfte, hatte ich mir fest vorgenommen, dass es bei uns Yoga für alle gibt, offene Klassen mit „Yoga now“-Feeling. Niemals sollte ein be yogi Schüler nach einer Klasse bei uns so schlecht über sich denken. OK – und jetzt denke ich es mehr oder weniger selbst.
Bin ich gut genug?
Wenn ich ehrlich bin, frage ich mich manchmal, warum ich mich nicht mit meinem Fortschritt zufriedengeben kann. Hätte ich mich mehr zwingen sollen? Mehr Disziplin zeigen? Wäre ich heute eine noch liebevollere, glücklichere, gesündere Person? Tief in mir spüre ich aber eine andere Stimme, die mir sagt: „Ulla, du hast dein Bestes gegeben, mehr war in diesem Moment nicht möglich.“
Unser Ego und Denkfehler, die uns aufhalten
Ich glaube, es liegt an zwei weit verbreiteten Irrtümern. Der erste Denkfehler: Es zählt, wie es von außen aussieht. Wir alle sind darauf konditioniert, nach dem Äußeren zu urteilen. Insta-Yoga verstärkt das noch. Wer ein beeindruckendes Profil hat, scheint erfolgreich zu sein. Aber ist das wirklich so? Oft wissen wir gar nicht, was hinter der Fassade steckt. Und es bringt nichts, sich mit einem Idealbild zu vergleichen, das möglicherweise nicht einmal existiert.
Der zweite Denkfehler: Wir glauben, wir müssten genau so sein wie andere. Doch jeder Mensch hat seine eigene Geschichte, seine eigenen Herausforderungen und eine andere Ausgangslage, und niemand außer einem selbst kann beurteilen, wie gut man vorankommt. Es ist „nur“ unser Ego, dass uns zum Zweifeln bringt, ob wir gut genug sind.
move it, move it
Das Entscheidende ist nicht, wo ich stehe, sondern wohin ich gehe. Bemühe ich mich, strenge ich mich an, mich weiterzuentwickeln? Kann ich auch nach Rückschlägen liebevoll mit mir selbst umgehen? Kann ich es annehmen, wo ich jetzt stehe? Ich habe gelernt, dass es nicht um Perfektion geht und Kontrolle Illusion ist.
Heißt das, es spielt keine Rolle, ob ich die Krähe kann? Steph Jaksch, eine Leadtrainerin der Yogalehrer-Grundausbildung von be yogi hatte u.a. Brian Kest als Lehrer, der seine Schüler ermutigt, es sei viel interessanter, eine Asana zu erarbeiten, als sie sofort zu können. Das Wichtige sei nicht die perfekte Ausführung, sondern das, was auf dem Weg dorthin passiert. Ich versuche bei der nächsten Yogaklasse (mit Krähe) daran zu denken.
Was tue ich noch, um die Krähe zu lernen
Ganz ehrlich, ich habe mir vorgenommen, spätestens im November einmal bei allen be yogi Lehrer:innen, die in unserem Atelier Personal Yoga anbieten, jeweils eine Stunde zu nehmen und die Krähe dort zu üben. Ich melde mich dann mit Vorher- und Nachher-Bildern und wie es so war bei Anna, Barbara, Helen und Matej 😊.
Je nachdem kann ich an Weihnachten vielleicht eine anständige Krähe. Ich berichte und vielleicht sind die be yogi Lehrer:innen jetzt umso mehr motiviert – und wenn ja, dann ist auch das vielleicht schon wieder das Ego, das erster werden will.
Selbsterkenntnis kultivieren
Ich schreibe diesen kleinen Beitrag, weil es dir vielleicht hilft, wo du gerade stehst und auch, damit ich es mir bewusst mache, dass ich im Yoga viel erreicht habe – nicht, weil ich beeindruckende Asanas beherrsche, ein Yogastudio betreibe oder mir fancy Yoga-Tattoos stechen ließ. Sondern weil ich über die Zeit durch Yoga lerne, mich selbst besser zu verstehen.
Beständigkeit, Unterscheidungsvermögen und Selbsterkenntnisse sind die grundlegenden Geschenke des Yoga für unsere gesamte Praxis und unser Leben, die uns helfen wirklich aufzublühen. Ich weiß jetzt, dass ich selbst entscheide, wie ich mich fühle und verhalte. Yoga hat mir gezeigt, meinen Körper zu lieben, mich nicht mehr für andere zu verbiegen, die es zumeist gar nicht erwarten und einfach zuzulassen, wie Yoga mir tut.
Danke, dass du mit mir auf diesem Weg bis. don’t worry – be yogi, deine Ulla