„Das bringt schlechtes Karma“, „Karma is a bitch“ oder auch „Karma regelt das schon“: Das altindische Wort hat Einzug in unseren modernen Sprachgebrauch gefunden. Aber was ist dieses scheinbar so bedrohliche Prinzip eigentlich und was hat es mit Yoga zu tun?
Was ist Karma?
Zunächst kann man einmal festhalten: Das Wort „Karma“ stammt aus der Sprache Sanskrit und bedeutet erst einmal nur „Tat“, „Wirkung“ und „Rad“. Es ist an sich weder gut noch schlecht, sondern neutral.
Karma, das universelle Gesetz von Ursache und Wirkung, ist ein grundlegendes Konzept des Hinduismus und auch der vedischen Lehren. Es ist eng mit dem Prinzip des Dharma verbunden und beruht auf der Annahme, dass jede Handlung auch zu Konsequenzen führt. Dabei ist es zunächst egal, ob diese Handlung physisch, verbal oder auch nur mental ausgeführt wird. Die Konsequenzen müssen auch nicht unmittelbar eintreten, sondern können erst mit Verzögerung geschehen oder manifestieren sich sogar erst in einem zukünftigen Leben.
Dies legt die ethische Verantwortung in die Hände des Einzelnen, da er die volle Kontrolle über seine Taten (mehr dazu auch im Beitrag über die Freiheit über die eigenen Entscheidungen) und dadurch über die daraus resultierenden Folgen hat. Ein moralisch korrektes Handeln kann zu einem günstigen Karma führen, während negative Handlungen zu ungünstigen karmischen Ergebnissen führen können.
Aktivitäten, die gutes Karma entstehen lassen
Die vedischen Lehren betonen allerdings, dass Karma nicht nur durch einzelne Taten bestimmt wird, sondern auch durch die dahinter liegende Absicht. Wahres, gutes Karma entsteht aus selbstlosem Handeln, Mitgefühl, Liebe, dem Wunsch, anderen zu helfen und die Welt zu verbessern. Diese Handlungen führen dann auch in deinem eigenen Leben zu positiven Erfahrungen und Glück:
- Gewaltlosigkeit (Ahimsa) und Vergebung: Keine Gewalt ausüben, weder in Gedanken, Worten noch Taten; stattdessen Mitgefühl und Freundlichkeit gegenüber allen Lebewesen empfinden. Loslassen von Groll und Wut gegenüber anderen.
- Wahrhaftigkeit (Satya): Die Wahrheit sprechen, auch wenn es schwierig ist, und in allen Lebensbereichen ehrlich gegenüber sich selbst und anderen sein.
- Ungebundenheit (Aparigraha) und Akzeptanz: Loslösen von materiellen Dingen und Besitzgier und zufrieden sein mit dem, was man hat.
- Dienen und Helfen: Freiwilligenarbeit oder Spenden für wohltätige Zwecke, um einen Beitrag für eine bessere Gesellschaft zu leisten (Karma-Yoga, der Yoga des selbstlosen Dienstes).
- Dankbarkeit: Wertschätzung für die guten Dinge im eigenen Leben und auch im Leben anderer. Gemeinsame Freude ist doppelte Freude.
- Meditation und spirituelle Praxis: Verbindung mit dem Göttlichen und Entwicklung des inneren Selbst.
Auf das „Warum“ kommt es an
Die Motivation hinter der Handlung bestimmt die Qualität des Karmas. Deswegen führen gute Taten, die aus egoistischen Motiven oder mit Anhaftung an die Ergebnisse ausgeführt werden, nicht zu gutem Karma. Im Gegenteil werden Handlungen, die aus Egoismus, Gier, Wut oder Hass heraus geschehen als schlechtes Karma angesehen. Sie führen zu negativen Erfahrungen und Leiden im Leben. Die gute Nachricht ist, es ist möglich, schlechtes Karma aufzulösen und zu transformieren. Dazu befreit man sich von negativen Gedankenmustern und Verhaltensweisen und konzentriert sich auf positive Taten und seine spirituelle Entwicklung.
Und was hat das jetzt mit Yoga zu tun? Yoga ist ein Weg, um uns von den negativen Auswirkungen des Karmas zu befreien und zu einem Zustand des inneren Friedens und der Erleuchtung zu gelangen. Asanas stärken den Körper und fördern die Konzentration. Pranayama beruhigt den Geist und das Nervensystem und erhöht die Lebensenergie. Meditation hilft uns, uns von unseren Gedanken und Emotionen zu lösen und unser wahres Selbst zu erkennen. So können wir Achtsamkeit entwickeln und unsere Handlungen bewusster gestalten. Wir überwinden negative Gedankenmuster und Emotionen und entwickeln stattdessen Mitgefühl und Liebe für uns selbst und andere.
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Geschichtlicher Exkurs: Vorkommen in verschiedenen Epochen
- Vedische Periode (ca. 1500 – 500 v. Chr.): Das frühe Konzept von Karma ist vor allem mit rituellen Handlungen verbunden. Die richtige Durchführung vedischer Rituale wurde als entscheidend für die Erhaltung der kosmischen Ordnung angesehen.
- Upanishadische Zeit (ca. 800 – 200 v. Chr.): In den Upanishaden wird die Definition weiterentwickelt und moralische und ethische Dimensionen kommen hinzu. Das Gesetz von Karma als Ursache und Wirkung, wonach jede Handlung eine entsprechende Reaktion nach sich zieht, wird deutlich artikuliert.
- Buddhistische und Jainistische Zeit (ab ca. 600 v. Chr.): Im Buddhismus und Jainismus wird Karma zu einem zentralen Erklärungsmodell für ethisches Verhalten und den Pfad zur Befreiung von Samsara.
- Epoche des Dharmaśāstra (beginnend um 200 v. Chr.): Ethische und moralische Aspekte werden im Kontext gesellschaftlicher Gesetze und individueller Pflichten (Dharma) weiter ausformuliert.
- Mittelalterliche und moderne Zeit: In den hinduistischen Philosophieschulen, wie dem Vedanta, wird Karma weiter interpretiert und bleibt zentrales Thema in der spirituellen Praxis und im täglichen Leben. Grundlage dieser Philosophie sind die Brahma-Sutra, die Upanishaden und die Bhagavad Gita. Heute ist das Konzept von Karma sowohl in der indischen Philosophie als auch im populären Verständnis weltweit relevant und wird oft im Kontext von ethischem Handeln und persönlicher Verantwortung diskutiert.