Tat den Yogis vor 2.000 Jahren auch schon der Rücken weh und was können wir als Läufer:innen daraus lernen? Durch die Konzentration auf die Wirbelsäule als Ganzes lässt sich eine gute Stabilität für Körper, Geist und Seele erreichen, so nachzulesen in Patanjali‘s Yogasutra, einer zentralen Schrift des Yoga.
kurma nadyam sthairyam
Yogasutra 3.31
Die Vorstellung, dass vielleicht auch schon die Yogis damals Rückenschmerzen kannten, gibt eine humorvolle Überleitung, um Yoga als Mittel zu sehen, die Wirbelsäule dehnen und damit den gesamten Körper mobilisieren zu können. Dieses Verständnis ist für Läufer:innen besonders wichtig, denn die gesunde Funktion der Wirbelsäule spielt eine zentrale Rolle in der Biomechanik des Laufens.
Um die Wirbelsäule beim Laufen optimal zu unterstützen, ist es wichtig, die Wirbelsäule regelmäßig in alle Richtungen zu bewegen, d.h. für die vertikale Dynamik beim Laufen Streckung der Wirbelsäule (Extension) und Beugung der Wirbelsäule (Flexion). Die Seitneigung (Lateralflexion) steigert die Stabilität, besonders wenn man auf unebenem Untergrund läuft und hilft, die Belastung gesünder zu verteilen, was u.a. die Knie schützt. Die Drehung (Rotation) der Wirbelsäule ist entscheidend für die Arm-Schwingbewegung, die den Vortrieb verstärkt und kinetischer Energie quer durch den Körper überträgt. Vielleicht hast du dich schon etwas länger mit Yoga und Laufen beschäftigt oder schon mal in einem Laufmagazin oder ähnlichem darüber gelesen.
Regelmäßig die Wirbelsäule dehnen, drehen und beugen
Klingt erstmal kompliziert – ist es aber nicht. Ulla von be yogi und Yin, Laufbotschafterin für den Baden-Marathon, empfiehlt dir dazu Ashta Karana, eine Reihe von Bewegungen aus dem klassischen indischen Tanz, für mehr Flexibilität, Kraft und Koordination. Noch nie gehört? Dann lass es uns einmal gemeinsam üben:
(1) Wir starten im aufrechten Stand | Tadasana
Die Füße hüftgelenksweit, verteile dein Körpergewicht gleichmäßig auf Großzeh-, Kleinzehballen und Ferse, die du in dieser Reihenfolge aktiv in den Boden (Matte) verankerst – zusätzlich drücke alle Zehen sanft in die Matte – und nutze den Moment, um ein dickes Dankeschön an deine Läuferfüße zu senden.
Aktiviere Beckenboden und Bauchmuskeln, langer Nacken, dein Scheitel schiebt zur Decke, Schultern weg von den Ohren. Lege deine Handflächen sanft aneinander, spreize deine Finger, Daumen zum Herz. Spürst du, wie sich deine Wirbelsäule dehnen und in die Länge ziehen kann?
(2) Streckung der Wirbelsäule vertikal | Parvatasana.
Führe einatmend die Arme über die Mitte nach oben, Handflächen bleiben aneinandergelegt. Lasse ausatmend die Schultern sinken, wenn du deinen Füßen etwas Gutes tun willst, kommt auf die Zehen – so wird das Längsgewölbe gekräftigt und das Gleichgewicht trainiert. (3 Atemzüge).
Wenn du auf den Zehen bist, senke die Fersen – Arme bleiben oben.
(3) Seitbeuge (Ardha Chandrasana).
Greife mit der rechten Hand dein linkes Handgelenk. Neige dich einatmend nach rechts. Kehre ausatmend zur Mitte zurück und lass die Schultern sinken (Parvatasana).
Greife um und neige dich einatmend nach links, kehre ausatmend zur Mitte zurück, lass die Schultern sinken – Arme bleiben oben.
Tipp: Führe die innere Schulter etwas nach hinten, damit sich der Rumpf nicht nach vorne unten dreht.
(4) Rückbeuge.
Spanne den Beckenboden noch etwas kraftvoller an. Hebe das Brustbein nach vorn und oben, lege den Kopf leicht in den Nacken und komme so in eine entspannte Rückbeuge.
(5) Halswirbelsäule drehen.
Richte dich ausatmend auf und lasse die Arme seitlich auf Schulterhöhe sinken, sodass die Ellenbogen einen 90-Grad-Winkel bilden und die Unterarme parallel zum Boden sind (Kaktushaltung), deine Handflächen zeigen in diesem Fall zueinander. Drehe den Kopf mit langem Nacken einatmend nach rechts und schaue in die rechte Handfläche. Ausatmend zurück zur Mitte. Einatmend den Kopf mit langem Nacken nach links drehen, in die linke Handfläche schauen. Ausatmend zurück zur Mitte.
(6) Ganze Wirbelsäule drehen.
Arme bleiben in Kaktushaltung. Drehe dich einatmend nach rechts, Ellenbogen etwas voneinander wegziehen, Oberarme bilden eine Linie, Schultern entspannt, Handflächen zueinander.
Ausamtend zur Mitte.
Drehe einatmend nach links, Ellenborgen etwas voneinander wegziehen, Oberarme bilden eine Linie, Schultern entspannt, Handflächen zueinander. Ausatmend zur Mitte – lass deine Arme sinken.
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(7) Vorbeuge und Wirbelsäulendrehung (Parivrtta Ardha Uttanasana).
Beuge ausatmend den Rumpf mit leicht angewinkelten Beinen nach vorn, lasse den Kopf los, deine Arme streben zum Boden. Atme natürlich und spüre hinein, wie flexibel fühlen sich deine Hamstrings und dein unterer Rücken an.
Rücken gerade, Hände an die Schienbeine, komme einatmend in die Halbe Vorbeuge (Ardha Uttanasana), Atem fließt hier natürlich, während deine Füße matten-weit auseinander wandern (kleine Grätsche).
Fixiere ausatmend die linke Hand (Fingerkuppen) mittig zwischen deine Füße; führe einatmend den rechten Arm gestreckt über die Seite nach oben, bis die rechte Schulter über der linken ankommt. Ausatmend zurück zur Mitte, rechte Hand (Fingerkuppen) mittig fixieren.
Einatmend den linken Arm gestreckt über die Seite nach oben führen, bis linke Schulter über der rechten ankommt. Ausatmend zur Mitte zurück, Füße hüftbreit (Halbe Vorbeuge).
(8) Horizontale Streckung (Ardha Uttanasana mit gestreckten Armen).
Du bist in der halben Vorbeuge, strecke jetzt einatmend beide Arme über die Seite auf Schulterlinie, bis die Haltemuskulatur spürbar aktiv wird; Handflächen zeigen nach unten, Nacken lang, Kopf in Verlängerung der Wirbelsäule, Beine leicht angewinkelt.
(9) Hocke / Skifahrer (Utkatasana-Variante).
Komme ausatmend in die Hocke. Die Füße bleiben parallel, es ist nicht schlimm, wenn sich die Fersen vom Boden lösen.
Lass mit einer Verlängerung der Ausatmung die Arme nach hinten schwingen.
Komme einatmend, mit Schwung in den aufrechten Stand, Arme über vorn nach oben strecken, Handflächen aneinanderlegen.
(10) Samastithih Namaste mit Wirbelsäulen-Konzentration.
Arme ausatmend und gestreckt über die Seite nach unten führen, Handflächen aneinanderlegen, Füße dicht nebeneinander, Becken leicht aufrichten, Nacken lang, Scheitel zur Decke schieben, Hände zum Herz.
Schließe (wenn du kannst) deine Augen. Spüre jetzt beim Einatmen von oben nach unten: Scheitel, Halswirbelsäule, Brustwirbelsäule, Lendenwirbelsäule, Kreuzbein, Steißbein. Ausatmen, spüre von unten nach oben: Steißbein, Kreuzbein, Lendenwirbelsäule, Brustwirbelsäule, Halswirbelsäule, Mitte des Kopfes bis Scheitel.
Wenn du magst, wiederhole gleich noch einmal von (1) bis (10). Grundsätzlich kann eine regelmäßige Praxis dieser Asanas von großem Nutzen sein, um immer besser deine Wirbelsäule dehnen, beugen und drehen zu können. Du kannst z.B. ein- bis zweimal pro Woche beginnen und auf zwei- bis viermal pro Woche oder sogar täglich erhöhen, je nachdem, wie es in deinen Gesamttrainingsplan passt.
Wirbelsäule dehnen und mobilisieren – meine Herzensangelegenheit
Die intensive Beanspruchung meiner Wirbelsäule, u.a. bei Marathon-Trainings, aber auch im Job beim Dauersitzen usw. habe ich mit sechs Bandscheibenvorfällen „bezahlt“, jeweils zwei an der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule. Durch Ashta Karana habe ich eine neue Dimension des Körperbewusstseins entdeckt. Diese tänzerischen Bewegungen, die Flexibilität, Kraft und Koordination fördern, sind für mich zu einem unverzichtbaren Bestandteil meines Trainings geworden. Sie helfen nicht nur, meine Wirbelsäule dehnen zu können und flexibel zu halten, sondern bieten auch einen Moment der Ruhe und Konzentration in der hektischen Routine des (Trainings-)Alltags. Konzentriere dich auf deine Wirbelsäule als Ganzes und finde eine gute Stabilität für Körper, Geist und Seele.
be yogi wünscht Happy Running!