„Wirkliche Freiheit beginnt dort, wo Kontrolle endet.“ – Aparigraha ist das fünfte Yama im Yoga und bedeutet „Nicht-Anhaften“ oder „Loslassen“. In der Essenz geht es darum, sich nicht an Besitz, Vorstellungen oder Macht zu klammern. Für Führungskräfte ist Aparigraha eine Einladung, Kontrolle nicht mit Sicherheit zu verwechseln. Wer immer alles im Griff haben will, verliert das Wesentliche aus dem Blick: Vertrauen, Verantwortung und Entwicklung.
Jour-Fixe-Mitschnitt – Dienstag, 9:00 Uhr
Führungskraft: „Ich will bei allen neuen Projekten eng dabei sein – bitte schickt mir jeden Entwurf vorab.“
Teammitglied: „Selbst bei kleineren Entscheidungen?“
Führungskraft: „Ja, lieber einmal zu viel fragen als zu wenig. Kontrolle ist schließlich keine Kritik – sie sichert Qualität.“
Teammitglied (flüstert): „Oder sie verhindert Vertrauen …“
In der Praxis zeigt sich das Anhaften in vielen Formen: Mikromanagement, Detailversessenheit, Misstrauen, Angst vor Delegation. Der Versuch, alles zu kontrollieren, ist menschlich. Doch er basiert auf einem Grundgefühl von Mangel und Unsicherheit. Aparigraha fragt: Was passiert, wenn du loslässt? Was, wenn du vertraust?
Führung mit Aparigraha bedeutet: Ich lasse los, um Raum für Neues zu schaffen. Ich vertraue darauf, dass andere ihren Weg finden. Ich erlaube Wandel, ohne ihn zu bekämpfen. Ich halte nicht fest, was längst gehen will – sei es eine Idee, ein Projekt oder eine Rolle. Das ist kein Kontrollverlust, sondern ein Akt von Reife und Vertrauen.
Was passiert, wenn Aparigraha fehlt?
Ohne die Fähigkeit loszulassen, entstehen Enge, Druck und Erstarrung. Prozesse werden überreguliert, Mitarbeitende entmündigt, Innovationen erstickt. Es fehlt an Luft zum Atmen. Wer als Führungskraft alles festhält, wird selbst zum Flaschenhals. Entscheidungen dauern länger, Konflikte eskalieren schneller, die Unternehmenskultur wird defensiv statt kreativ.
Zugleich führt das Festhalten zu innerer Unruhe. Der Wunsch, alles zu kontrollieren, erzeugt permanente Alarmbereitschaft. Das kostet Energie – und Vertrauen. Denn wer anderen nicht zutraut, Verantwortung zu übernehmen, dem wird selbst bald nichts mehr anvertraut.
Aparigraha und Design Thinking – Loslassen als Innovationskraft
Aparigraha ist eng verwandt mit einer der Kernhaltungen im Design Thinking: dem Loslassen von Vorannahmen und dem aktiven Raumgeben für neue Perspektiven. Wer empathisch führen und kreativ mit komplexen Herausforderungen umgehen möchte, muss bereit sein, Sicherheit gegen Neugier zu tauschen. Design Thinking fordert dazu auf, die Kontrolle über das Ergebnis loszulassen und stattdessen dem Prozess zu vertrauen.
Das passt perfekt zu Aparigraha: Die besten Lösungen entstehen oft nicht durch Festhalten, sondern durch Öffnung. Durch echtes Zuhören. Durch den Mut, sich überraschen zu lassen. Führungskräfte, die diesen Raum schaffen, fördern echte Co-Kreation und kollektive Intelligenz.
Aparigraha in die Führung integrieren
- Journaling & Reflexion
- Was versuche ich aktuell festzuhalten, obwohl es reif ist, losgelassen zu werden?
- Wo halte ich aus Angst oder Gewohnheit an alten Strukturen fest?
- Was würde sich verändern, wenn ich mehr Vertrauen wagen würde?
- Meditation: Sitze ruhig, schließe die Augen. Atme tief ein. Beim Ausatmen stelle dir vor, wie du Ballast abgibst. Wiederhole innerlich: „Ich lasse los. Ich vertraue dem Fluss des Lebens.“
- Affirmation: „Ich vertraue. Ich lasse los, was mir nicht mehr dient.“
- Atemtechnik Verlängerte Ausatmung: Atme 4 Sekunden ein, 6 Sekunden aus. Mit jeder Ausatmung entspannst du deinen Griff an die Dinge. Diese Technik fördert Gelassenheit und Erdung.
- Yoga-Haltung: Paschimottanasana (Vorbeuge im Sitzen)
- Sitze mit gestreckten Beinen, atme ein, richte dich auf. Atme aus und beuge dich nach vorn. Lass los. Lass den Kopf sinken. Atme in die Rückseite des Körpers.
- Diese Haltung hilft beim symbolischen und körperlichen Loslassen.
- Alltagstipp: Statt eine Entscheidung vorzudenken, gib sie bewusst ins Team. Formuliere die Leitfrage und beobachte, was passiert.
- Achtsamkeitsübung: Wähle eine Aufgabe, die du bisher immer selbst erledigt hast – und delegiere sie. Beobachte, wie es dir dabei geht. Nicht das Ergebnis ist entscheidend, sondern dein Umgang mit dem Loslassen.
Serie: Yamas und Niyamas im Business
Dieser Blogbeitrag ist Teil einer 10-teiligen Serie, in der wir alle Yamas und Niyamas in einen Business-Kontext setzen. Hier findest du die anderen Beiträge:
Zum Glück Coaching bei be yogi – Vertrauen lernen, Kontrolle loslassen
Aparigraha zeigt, dass Führung nicht bedeutet, alles zu halten – sondern das Richtige loszulassen. Im Zum Glück Coaching bei be yogi in Karlsruhe unterstützen wir dich dabei, deinen Einfluss neu zu denken: nicht durch Kontrolle, sondern durch Vertrauen.
In HappierMe stärkst du deine innere Gelassenheit und Entscheidungsfreude. In HappierWe entwickeln wir Teams mit hoher Eigenverantwortung. Und mit HappierCompany gestalten wir Organisationskulturen, in denen Vertrauen zum zentralen Prinzip wird.
Das yogische Wertesystem hilft dir dabei, dich vom Kontrollzwang zu befreien und eine neue Qualität von Führung zu leben: klar, empathisch, offen für das, was entstehen will.
Wenn du lernen willst, loszulassen und dennoch wirksam zu sein – komm zu be yogi.